Zurück zur Startseite

Der Anlass des Protestes in 13 Sätzen

  • Trotz positiver Prognose im Schulentwicklungsplan wird verbreitet, die Schule schafft es nicht
  • Bereits im Winter werden interessierte Eltern vom Schulamt Frankfurt (Oder) fehlinformiert
  • Trotzdem gibt es 37 oder 38 Anmeldungen in Neu Zittau für dortige siebte Klassen (normale Pflichtzahl: 40, die bei besonderen Umständen aber geringfügig unterschritten werden darf)
  • Und: Zweitwünsche für Neu Zittau verschwinden unerklärlich
  • Schulräte in Frankfurt beschließen innerhalb 48 Stunden Nichteröffnung 7. Klassen und schreiben plötzlich: 54 Anmeldungen sind notwendig
  • Mai/Juni: Durch Nachmeldung wird die Zahl 40 erreicht, Eltern erhalten Aufnahmebestätigung durch Schulleitung
  • Juni: Aber: Einige Eltern haben sich angeblich zweifach angemeldet (wie so etwas passieren kann, bleibt unklar), Zahl der Anmeldungen wieder unter 40
  • Staatsekretär Gorholt eröffnet Landrat Zalenga eine angebliche Sonderregelung: 38 Anmeldungen am ersten Schultag reichen.
  • Eltern werden zu einer skurrilen Elternversammlung geladen, das staatliche Schulamt versagt (gesetzeswidrig) von Eltern eingeladenen Gästen den Zutritt. Schulrätin verkündet Nichteinrichtung der 7. Klassen.
  • Eltern protestieren, sie gründen eine Elterninitiative, sonntags um 17 Uhr jeweils Treff in den Ferien
  • Staatsekretär Gorholt trifft sich mit Eltern, bedauert "nicht richtiges Verwaltungshandeln", sagte persönlichen Brief an die Eltern zu (und einiges mehr)
  • danach: Gorholt-Brief kommt zwar, andere Verabredungen werde nicht eingehalten, Mitarbeiter des Ministeriums führen Elternsprecherin vor
  • Gorholt kommt am ersten Schultag, läßt den Schulhof räumen und akzeptiert nur 31 der 37 im Speisesaal anwesenden Siebt-Klässler. Der 38. hatte sich nicht pünktlich eingefunden, allerdings blieb das ohne Bedeutung.

Zusammenfassung der Ereignisse

Eine Grund- und Gesamtschule zwischen Berliner Stadtrand und der Stadt Erkner (Oder-Spree) hat in den 90er Jahren erfolgreiche Arbeit geleistet. Die Schulleiterin ist beliebt, die Schülerinnen und Schüler sind zufrieden. Die Eltern auch. Es gibt natürlich auch Probleme, die es an allen Schulen gibt. Nicht jeder Lehrer ist wirklich beliebt. Nicht jede Schülerin gibt ihr letztes.

Im Jahr 1997 gibt es ein neues Schulgebäude, zur Jahrtausendwende nimmt der neue Schulhof eine Gestalt an, die landesweit beispielhaft ist. Die Trägerschaft wechselt zum Landkreis.

Allmählich wird jedoch die "Turnhalle" zunehmend ein Sicherheitsrisiko. Der Schulträger stellt einen Neubau für das Jahr 2003 in das Investitionsprogramm ein.

Im Jahr 2002 beschließt der Kreistag Oder-Spree einen Schulentwicklungsplan, der für viele Schulen eine "Gefährdung des Standortes" mangels Nachfrage feststellt. Der Gesamtschulteil in Neu Zittau soll aber Bestand haben, wird als Standort in der Lücke zwischen Woltersdorf und Storkow offensichtlich gebraucht.

Das MBJS (Ministerium für Bildung, Jugend und Sport) genehmigt den Schulentwicklungsplan, widerspricht auch dem Standort Neu Zittau nicht.

Im Jahr 2003 erhält die Grund- und Gesamtschule Neu Zittau den Namen "An der Spree".

In den Jahren 2002 und 2003 wird plötzlich der Bau der Turnhalle zurückgestellt, weil die Schule angeblich gefährdet ist. Auch in Potsdam wird ein "Ganztagsantrag" abgelehnt, weil die Schule angeblich gefährdet ist. Doch Fragen zu den Quellen dieser Erkenntnis bleiben auch nach viermaliger Nachfrage unbeantwortet (das ist eigentlich ungesetzlich bzw. widerspricht der Landesverfassung!).

Im Januar 2004 erfahren Eltern bei Nachfrage im staatlichen Schulamt, dass sie ihre Kinder lieber an anderen Schulen beschulen sollen. Die Schulkonferenz wundert sich. Schulbehörden geben keine Auskünfte. Der Schulträger steht aber zu seiner Schule und ist selbst verwundert.

Lediglich 37 oder 38 Erstanmeldungen im März 2004 nutzt die Schulbehörde, um innerhalb von 48 Stunden die Nichteinrichtung von 7. Klassen zu beschließen. Zweitwünsche verschwinden in der Versenkung, selbst die Presse erfährt nicht die Zahl der Zweitwünsche (ein einmaliger Vorgang in Oder-Spree, auch Monate später wird keine Auskunft gegeben).

Über den Beschluss der Schulräte in Frankfurt (Oder) zur Nichteinrichtung siebter Klassen werden die Mitglieder des Bildungsauschusses des Kreistages zur nächsten regulären Sitzung am 30.03.2004 nur ungenau informiert. "Für die Grund- und Gesamtschule Neu Zittau steht die Entscheidung noch aus" heißt es von der Landkreisverwaltung, die aber vielleicht selbst nicht vollständig informiert wurde. Es wird die Zahl 38 genannt. Es wird den Abgeordneten und Mitgliedern des Bildungsauschusses weiterhin mitgeteilt: "In Erwartung höherer Schülerzahlen im kommenden Jahr wurde vom Landrat ein Schreiben bzgl. Ausnahmegenehmigung an das Staatliche Schulamt gerichtet." Die Abgeordneten des Kreistages unterstützen die eigene Verwaltung, nach Ausnahmeregelungen für diese Schule in Trägerschaft des Landkreises zu suchen.

In den nachfolgenden Wochen finden wohl mehrere Gespräche zwischen Landratsamt und Ministerium statt, auch Bundestagsabgeordnete nutzen ihre Kontakte für die Interessenvertretung von fast vierzig 12- und 13jährigen Schülerinnen und Schülern.

Auch zwischen Elternsprechern und Ministerium (Staatssekretär Gorholt) gibt es erste Kontakte, um die Interessenlage und die genauen Forderungen und Ausnahmechancen authentisch zu erfahren (siehe auch "Chronik"), da das staatliche Schulamt in Frankfurt (Oder) unverändert Ausnahmen verweigert und wohl auch die Schule (Schulleitung?) unter Druck setzt.

Ende April oder im Mai: In der Phase der Suche nach Ausnahmeregelungen, die wohl ohne weiteres nicht zu erreichen sind, platzt die Nachricht, es gibt inzwischen noch 2 zusätzliche Anmeldungen und damit ist die wichtige Zahl 40 erreicht! Eine Ausnahmeregelung wäre dann nicht notwendig.

Alle sind froh, die Eltern und Schüler, die Elternvertreter, die sich helfend eingemischt haben, die Schulverwaltung des Landkreises und der Landrat, der lokale Bundestagsabgeordnete, die Schule selbst, die Gemeindevertretung und der Bürgermeister des Ortes. Nur aus Frankfurt (Oder) kommen keine freundlichen Kommentare.

Die Schulleiterin verschickt am 01.06.2004 Aufnahmebescheide an 40 Eltern. Schulrat Liebig teilt der Schule mit, dass die Zahl 40 auch am ersten Schultag noch vorhanden sein muss, ist aber auch optimistisch, da Klassenwiederholer ("Sitzenbleiber") dann mitzählen.

Wenige Tage später melden sich plötzlich mehrere Eltern nur per Fax (ein Verfahren, dass überall Verwunderung auslöst und auch bis heute nicht geklärt ist) ab, weil sie an einer anderen Schule angenommen sind. Nach den normalen Vorschriften für das Ü7-Verfahren (Übergang 7. Klasse) dürfte das aber nicht passieren. Wie das im Einzelnen funktionieren konnte, hat das staatliche Schulamt Frankfurt (Oder), das ja alle Anmeldungen bekommt und an die Schulen weitergibt, bis heute nicht erklärt.

Es gibt erneut Gespräche auf Verwaltungsebene. Staatssekretär Gorholt eröffnet Landrat Zalenga eine "Sonderregelung": 38 Anmeldungen am ersten Schultag reichen. Der Landrat fährt mit dieser Vereinbarung nach Beeskow, auch die Beteiligten erfahren davon. Die Situation beruhigt sich damit Mitte Juni auch an der Schule bzw. bei den Eltern der zukünftigen Siebtklässler. Etwa 35 Anmeldungen liegen ja noch vor. Die Zeugnisse sind fertig, es gibt danach tatsächlich Wiederholer der 7. Klasse. Die Zahl 38 ist erreichbar. Die Sommerferien bringen vielleicht auch noch einen Zuzug. Alle wollen erholsame Ferien.

Doch dann passiert es:

Zwei Tage vor Schuljahresschluss entschließt sich die Leiterin des Staatlichen Schulamtes Frankfurt (Oder), Frau Karin Wenzel, der Kreisverwaltung und dem Staatssekretär Gorholt Paroli zu bieten. Mit dem seit 14 Jahren immer wieder erprobten Argument, sie wurde von Eltern angesprochen, es so zu tun, brüskiert sie eine große Mehrheit der Eltern, die keine schnelle, sondern eine gute Entscheidung wollten.
Also Eltern wollen angeblich, dass sofort entschieden und nicht bis zum ersten Schultag gewartet wird, Frau Wenzel lädt mit dieser Begründung innerhalb von 2 Tagen (21. Juni zum 23. Juni) zu einer außerordentlichen Elternversammlung ein.

Es soll am 23. Juni gezählt werden. In der Einladung wird als Abgabefrist einer Erklärung ("verbindliche Anmeldung") allerdings der 25. Juni genannt.

Der Ablauf der Elternversammlung am 23. Juni ist - wie schon die Einladung - sehr skurril. Frau Wenzel will einem Gast, der von Eltern eingeladen wurde, den Zutritt verweigern: "Herr Stiller, sie können hier nicht rein, ich habe zu dieser Versammlung eingeladen" ist fast wörtlich ihre Aussage vor der Tür zum Klassenraum. Dies war nicht zulässig. Da es aber nicht klappt, teilt sie mit: "Gäste haben kein Rederecht". Auch das ist nicht zulässig! Dass eine Schulrätin bei einer Elternversammlung entscheidet, wer Rederecht hat, ist gesetzeswidrig. Diese Entscheidung liegt allein beim Gremium selbst, also der Mehrheit der Eltern.

Die Eltern werden einer unwürdigen Zählprozedur unterzogen, Fragen sind vor Abschluss des Zählens nicht zugelassen, erste Eltern protestieren und verlassen den Raum (und fehlen dann leider im August).

Dann verkündet die Leiterin des Staatlichen Schulamtes Frankfurt (Oder), Frau Karin Wenzel, entgegen eigenem Einladungstext (entschieden wird nach dem 25. Juni), bereits ihre Entscheidung. Da nur 32 verbindliche Anmeldungen vorliegen, werden die siebten Klassen nicht eingerichtet.

Nur der Protest von Eltern und Gästen sowie der Hinweis des Landrates über die Verabredung mit dem Ministerium können Frau Wenzel von Ihrem Vorhaben abbringen. Sie versucht trotzdem noch zweimal, die Nichteinrichtung der siebten Klassen zu verkünden.

Alle Eltern, aber auch die anwesenden Vertreter der Kreis- und Amtsverwaltung können diese Boshaftigkeit der Schulrätin nicht verstehen.

Nach Abschluss der Versammlung beschließen die Eltern in den Ferien eng zusammenzuarbeiten. Frau Marion Deutsch wird als Elternsprecherin nominiert und unverbindlich bestätigt (aus einem Kreis von etwa 15 noch verbliebenden Eltern einstimmig). Ein Vertreter der Kommune bekommt mit, wie Frau Wenzel die Schulleiterin beschimpft.

Immer sonntags treffen sich die Eltern, lokale Politprominenz stößt hinzu. Mal sind es nur 30, mal 60 Teilnehmer. Am letzten Sonntag reicht der Saal nicht.

Auch Staatsekretär Gorholt kommt zu Besuch und verspricht den Eltern Mithilfe bei der Lösung des Problems. Er will alle Eltern anschreiben. Er widerspricht Eltern wirklich nicht, als diese fordern, da das Ü7-Verfahren fehlerhaft durchgeführt wurde, wirklich mit Augenmaß am ersten Schultag zu zählen.
Er widerspricht nicht, sondern schmunzelt, und bestätigt, als von Eltern gesagt wurde, da hier so viel schief gelaufen ist, sollten, wenn am ersten Schultag "37 ein halb" Schüler anwesend sind, wohl die Möglichkeiten der Vorschriften (geringfügige Unterschreitung von 40 ist möglich) auch noch greifen. Gorholt bittet nur, das nicht ins Protokoll zu nehmen.
Gorholt sagt auch nicht, wo denn angeblich steht, dass Widerholer am ersten Schultag nicht mitzählen (es steht nirgendwo).
Gorholt verspricht aber, Eltern am Gymnasium und an der Realschule zu ermuntern, noch einmal über das Angebot Gesamtschule Neu Zittau nachzudenken.

Die Stimmung ist für eine Woche gut. Dann läßt er Herrn Drews Schwarz "auf die Eltern los", dieser versucht sie zum Aufgeben zu bewegen. Plötzlich heißt es auch im Schriftverkehr, die Wiederholer zählen nicht mit. Am Telefon wird Frau Deutsch beruhigt, dass das nur formell ist, es bliebe bei den Verabredungen.

Eltern sind unruhig, teils wütend, und informieren alle Bürgerinnen und Bürger des Ortes. Fordern den Rücktritt von Frau Wenzel, die das alles im Frühjahr mit herauf beschworen hat.

Gorholt antwortet, dass er sich nicht erpressen lässt.

Frau Deutsch und Dr. Stiller nehmen am letzten Sonntag etwas den "Dampf raus", plädieren für einen vernünftigen Umgang zwischen Eltern und Behörde. Sie zählen abends exakt 38 Anmeldungen und Wiederholer in der Summe und hoffen auf den Montag und appellieren zuvor, dass alle Kinderpünktlich kommen. Dr. Stiller informiert über die Meinung des Bundeselternrates zu den Rechten von Eltern, zur Zusammenarbeit von Eltern und Schulbehörden. Die Eltern selbst haben sich Bildungs- und Erziehungsverträge ausgedacht (weil Steffen Reiche die so mag), die noch abends ausgefüllt werden.

Das Ende der Illusion über einen Staatssekretär

Gorholt kommt am ersten Schultag, akzeptiert nur 31 der 37 im Speisesaal anwesenden Siebt-Klässler und läßt den Schulhof räumen (der 38. hatte sich nicht pünktlich eingefunden, allerdings blieb das ohne Bedeutung). Tränen füllen die Gesichter der Kinder. Es ist auch Verzweiflung über den erlebten Umgang mit Ihren Eltern.

Eltern setzen nun noch auf die zweite Lösung: Das Verwaltungsgericht. Dies ist jedoch fachlich überfordert und entscheidet fehlerhaft gegen die Eltern.

Frau Karin Wenzel jubelt: "Das habe ich doch gleich gesagt".

Eltern treffen sich auch am Montag, Dienstag und Mittwoch, jeweils abends. Eine Vereinsgründung wird verabredet.

24 Kinder fahren nach Woltersdorf, der notdürftig eingerichtete zusätzliche Raum hat eine Tür ohne Klinke. Es gibt Spannungen auf dem Schulhof, weil wohl 9. Klassen zusammengelegt werden mussten. Lehrer zeigen ihre Abneigung gegenüber Kindern von aufrührerischen Eltern - so der geschilderte Eindruck der ersten Tage. Andere Kinder fahren nach Fürstenwalde. Hier und da verkehrt jetzt ein Taxi nach Woltersdorf, wo sonst der Schulbus nach Neu Zittau gereicht hätte.

 
Zurück zur Startseite        Zur nächsten Seite

© stiller 2004

Letzte Änderung des Textes dieser Seite: 09.09.2004
Impressum